Landscheid in der Eifel: Wärmewende vom Forstbetrieb
Hackschnitzel-Heizwerk in Landscheid erweiterte auf 3,5 Megawatt!
In der Eifel, nahe der Mosel, ist der Forstbetrieb Raskop ansässig. Am Betriebssitz war schon seit dem Jahr 2005 eine Hackschnitzel-Heizung installiert. Am neuen Standort versorgte seit 2011 ein 500-Kilowatt-Kessel über ein Nahwärmenetz weitere Abnehmer. Ausreichend Nachfrage und gesicherter Brennstoffnachschub machten jetzt eine umfangreiche Erweiterung möglich, nachdem auch der Betrieb stetig auf seine jetzige Größe wuchs.
Dass der Forstbetrieb Raskop kein ganz kleiner ist, ist schon von der Autobahn aus ersichtlich: Das Betriebsgelände liegt äußerst verkehrsgünstig an der A60, und ein großes Schild präsentiert das Firmenlogo weithin sichtbar. Diesen Standort im Gewerbegebiet bezog das Unternehmen im Jahr 2011. Der dortige Heizkessel hat einen kurzen Umzug auf die gegenüberliegende Straßenseite hinter sich und ist mittlerweile Teil der ganz neuen Heizzentrale, die im Gewerbegebiet am Ortsrand von Landscheid (Kreis Bernkastel-Wittlich) in den vergangenen Wochen und Monaten fertiggestellt wurde. Der 500-Kilowatt-Kessel vom Hersteller Heizomat ist darin „der Kleine“, denn flankiert wird er von zwei großen Hackschnitzel-Heizkesseln mit jeweils 1,65 Megawatt Leistung. Diese stammen aus der Produktion der Binder Energietechnik.
Private und öffentliche Wärmekunden
Macht in der Summe gute 3,5 Megawatt, mit der die „Nahwärme Landscheid“ ihre rund 200 Abnehmer versorgen kann. Deren Struktur ist ganz unterschiedlich: Dabei sind ein großer Gewerbebetrieb, ein Seniorenheim, der Neubau eines Hotel-und Gastronomiebetriebes sowie zahlreiche private und öffentliche Gebäude. Dass es zu diesem Zeitpunkt schon so viele Anschlüsse sind, die Wärmemenge nahezu komplett verkauft ist, damit war zu Beginn der Planungen nicht zu rechnen, berichtet Harald Raskop. Fielen diese doch in durchaus turbulente Zeiten, die einige Unwägbarkeiten mit sich brachten. Im Jahr 2019 fiel der Entschluss, das Nahwärmenetz auszubauen und dafür eine neue, deutlich größere Heizzentrale zu errichten. Man erinnert sich, was 2020 folgte: Corona, die Wirtschaft im Sinkflug, der Heizölpreis niedrig. Die Nachfrage war damals eher zögerlich, der Bedarf für Raskop schwer abzuschätzen: „Wir wollten mit einer realistischen Größenordnung der Heizkessel kalkulieren, die noch Luft nach oben haben sollten, um spätere Interessenten anschließen zu können.“ Dann die Wende – schon Ende 2021 stieg das Interesse, schließlich der russische Angriffskrieg im Februar 2022, der alle Energiepreise in die Höhe trieb. „Mit den jetzigen Abnehmern ist unsere Kapazität ausgeschöpft, damit hätten wir so schnell nicht gerechnet“, berichtet Harald Raskop im Sommer. Ganz überwiegend wurde bei den Anschlüssen in Landscheid Heizöl als bisheriger Brennstoff verdrängt. Mit den Planungen des Heizwärmebedarfs, der insgesamt 17 Kilometer langen Leitungstrasse und der Heizzentrale beauftragte Raskop die ENERPIPE GmbH aus dem bayrischen Hilpoltstein. Deren Schwerpunkt sind seit dem Jahr 2007 Nahwärmenetze mit erneuerbaren Energieträgern. Für den Forstbetrieb war es schon die zweite Zusammenarbeit, denn bereits der Aufbau des Wärmenetzes am Raskop-Standort, der im Jahr 2011 bezogen wurde, erfolgte mit der Expertise von ENERPIPE. Neben der Planungsdienstleistung ist die Firma auch Anbieter und Lieferant von hochwärmegedämmten PE-X-Nahwärmeleitungen in der Druckstufe PN10 und den Dimensionen DN 20 bis 150, sowie Übergabetechniken für die Systemtrennung. Komponenten und Know-how zur Netzsteuerung sowie deren Visualisierung runden das Angebot ab. Christian Kölsch ist für ENERPIPE im Außendienst für den Technischen Vertrieb tätig und berichtet: „Unsere Leitungen sind für Temperaturen ausgelegt, wie sie in Netzen mit Biomasse-Blockheizkraftwerken und Holzkesseln typisch sind.“ Dampfleitungen sind ein anderes Thema. Zu den zeitlichen Besonderheiten dieses Projekts meint Kölsch: „Im Jahr 2021 gab es teils erhebliche Preissteigerungen bei verschiedenen Baustoffen. Aber hier hatten die Ausschreibungen noch 2020 stattgefunden und die Lieferanten standen zu ihren zugesagten Preisen.“ Auf längere Lieferzeiten habe man sich während der Bauphase eingestellt, ergänzt Harald Raskop: Beispielsweise Baustahlmatten seien entsprechend frühzeitig bestellt worden. Wo möglich, kamen Handwerker aus der Region zum Einsatz. Der auf Heizkessel dieses Formats spezialisierte Heizungsbauer war eine belgische Firma.
Hackschnitzel aus der Region
Der Bedarf an Hackschnitzeln kann in Landscheid aus den Aufträgen des Forstbetriebs Raskop gedeckt werden: Für das Heizwerk liegt die Jahresmenge bei rund 12.000 Kubikmetern. Immer wenn genügend Holz bereitliegt, beauftragt er einen Lohnunternehmer, der mit seinem Albach-Hacker vorbeikommt. Auf dem Gelände der Heizzentrale lagern die Hackschnitzel „Freiluft“ und werden mit einem Radlader in zwei überdachte Bunker mit jeweils 250 Kubikmeter Volumen gefüllt. Aus den Bunkern befördern ein Schubboden und Kratzkettenförderer das Hackgut zu einem der neuen Kessel. Der zweite wird zusammen mit „dem Kleinen“ über eine Schnecke beliefert. Der Heizomat soll in den Sommermonaten die Warmwasseraufbereitung stellen und im Winter als Unterstützung dienen. Hackschnitzel produziert der Betrieb Raskop nicht nur für den Eigenbedarf: Weitere Abnehmer in der Region werden beliefert, Lagerplatz bieten hierfür Hallen auf dem Betriebsgelände. In Betrieb genommen wurde das Heizwerk im Herbst 2022, im vergangenen Winter reichte immer einer der beiden großen Kessel; nach dem Anschluss aller Gebäude wird die Auslastung in der kommenden Heizsaison deutlich höher sein. Zwei Pufferspeicher mit jeweils 30.000 Litern gleichen Spitzenlast und schwankenden Wärmebedarf aus. Aus dem Heizwerk muss die Wärme zu den Abnehmern: Den im Heizhaus benötigten Zentralverteiler plante und fertigte die ENERPIPE GmbH. Die Armaturen und Pumpen wurden dabei zwei Meter über dem Boden angeordnet. So können die PE- X-Leitungen FibreFLEX je nach Baufortschritt von unten ohne weitere Formteile herangeführt werden. Durch Temperaturschwankungen entstehende Dehnungskräfte am Verteiler wurden konstruktiv berücksichtigt.
Transparente Preisermittlung
Die jetzt neu abgeschlossenen Wärmeverträge haben eine Laufzeit von zehn Jahren, mit einer ersten Preisgarantie bis Ende 2025: „Für die Vollversorgung zahlen alle Kunden zehn Cent pro Kilowattstunde, auch wenn sie später dazugekommen sind“, erläutert Raskop. Bei der Preisfindung setzt er auf Transparenz und orientiert sich an drei Indizes: denen für Industrieholz, Lohnkosten der Energieversorger sowie Kosten für Reparatur und Ersatzteile. Die Hausübergabestationen von ENERPIPE wählte Raskop als einheitliches System, sie sind auch sein Eigentum. Den Abnehmern entstanden dadurch keine Anschlusskosten, für den „Forstbetrieb als Netzbetreiber“ gab es einen Förderzuschuss der Investition. Definitiv ist Harald Raskop froh, dass die stressige Bauzeit vorbei ist. Aber genauso ist er überzeugt, dass die Entscheidung und die Investitionen richtig waren. „Wir wollten uns mit dem Ausbau der Wärmeversorgung für die Zukunft breiter aufstellen, wie wir es schon im Jahr 2005 mit den Hackschnitzeln begonnen haben.“ Zumal die großen Heizkessel eine höchst sinnvolle Möglichkeit bieten, auch Schadholz mit einem Nutzen und Wertschöpfung in der Region zu verwerten. Bei aller Zufriedenheit mit der neuen Heizzentrale und dem Netzausbau kritisiert Harald Raskop einige Rahmenbedingungen: „Die Verlässlichkeit in der Politik fehlt. Eigentlich bräuchte man bei solchen Dimensionen Planbarkeit für 20, 30 Jahre. So musst du bereit sein, auch ein Stück ins Risiko zu gehen.“ Wie bei vielen Projekten spielte auch hier umständliche Bürokratie eine Rolle: Ein Teil der Wärmeleitung musste unter der Autobahn verlegt werden. Da es hierfür keine regionalen Ansprechpartner gibt, musste alles über die Zentrale in Leipzig abgewickelt werden. Das dauerte neun Monate … wird das so etwas mit der angestrebten Wärmewende? Zumindest nicht im Eiltempo, aber das kann engagierte (Forst-)Unternehmer nicht davon abhalten, mit gutem Beispiel voranzugehen.
Quelle: FORSTMASCHINEN-PROFI, Johanna Waid